Festsitzend im Orbit
Manchmal schreibt das Leben die absurdesten Geschichten: Drei chinesische Taikonauten sitzen gerade länger als geplant auf ihrer Raumstation fest. Der Grund? Ausgerechnet Weltraumschrott könnte ihre Raumkapsel Shenzhou-20 getroffen haben.
Was ist passiert?
Die Crew um Kommandant Chen Dong hatte eigentlich nach einem halben Jahr Dienst auf der chinesischen Raumstation Tiangong Feierabend. Experimente durchgeführt, Station gewartet, und – besonders pikant – sogar neue Schutzvorrichtungen gegen Weltraumschrott installiert. Dann, kurz vor dem Heimflug, kam offenbar ein Trümmerteil ihrer Kapsel in die Quere. Die chinesische Raumfahrtbehörde lässt sich nicht zu sehr in die Karten schauen, aber so viel steht fest: Die Astronauten sind okay, aber wann sie nach Hause können, ist momentan unklar.
Weltraumschrott – klingt harmlos, ist es aber nicht
Stellt euch vor, ihr fahrt auf der Autobahn, aber überall fliegen Schrauben, Blechteile und Lackfetzen mit 28.000 km/h durch die Gegend. Genau so sieht es im erdnahen Orbit aus. Jahrzehntelang haben wir Menschen Satelliten hochgeschossen, Raketenstufen abgeworfen und sind bei Kollisionen großzügig mit Trümmerteilen umgegangen. Das Ergebnis: geschätzt über 130 Millionen Teile, die größer als ein Millimeter sind, kreisen um unseren Planeten.
Die meisten davon sind winzig – aber bei den irren Geschwindigkeiten im All wird selbst eine verirrte Schraube zum Geschoss. Von den rund 36.000 Objekten, die größer als zehn Zentimeter sind, können wir nur einen Bruchteil überwachen. Der Rest? Überraschungspotenzial inklusive.
Das Kessler-Syndrom: Der Albtraum hat einen Namen
1978 hatte der NASA-Wissenschaftler Donald Kessler eine ziemlich düstere Vision: Was passiert, wenn ein Stück Weltraumschrott einen Satelliten trifft? Es entstehen mehr Trümmer. Die treffen wieder was. Noch mehr Trümmer. Und so weiter. Eine Kettenreaktion, die sich selbst beschleunigt, bis bestimmte Umlaufbahnen praktisch unbenutzbar werden.
Klingt nach Science-Fiction? Das dachten viele damals auch. Aber mittlerweile ist das Szenario weniger theoretisch als uns lieb ist. 2009 crashte zum Beispiel ein ausgedienter russischer Satellit in einen amerikanischen Kommunikationssatelliten – bumm, tausende neue Trümmerteile. Je mehr Zeug da oben rumfliegt, desto wahrscheinlicher werden weitere Zusammenstöße.
Aufräumen im All – leichter gesagt als getan
Es gibt mittlerweile einige clevere Ideen, wie man den Müll wieder loswerden könnte: Netze, Harpunen, Laser, die Trümmer abbremsen, oder Satelliten mit Greifarm. Manche Länder verpflichten sich, neue Satelliten so zu bauen, dass sie am Ende ihrer Lebenszeit kontrolliert verglühen. Aber mal ehrlich: Der Weltraum ist ein rechtsfreier Raum ohne Müllabfuhr. Jeder schießt hoch, was er will, und um die Entsorgung kümmert sich… naja, momentan niemand so richtig.
Und die Taikonauten?
Die drei sind erstmal sicher. Ihre Ablösung ist schon oben, es gibt genug Vorräte, und die Raumstation läuft stabil. Nur ihr Taxi nach Hause macht Probleme. Aber der Vorfall zeigt: Weltraumschrott ist längst kein abstraktes Problem mehr. Es betrifft echte Menschen in echten Raumschiffen, die eigentlich nur ihren Job machen wollen.
Wer hätte gedacht, dass wir es schaffen, sogar das Weltall zuzumüllen? Der Mensch findet halt immer einen Weg.


